Epenthese und Anaptyxe
Epenthese und Anaptyxe
Epenthese
Ein Epenthese (griechisch επένθεσις epenthesis ‚Einfügung‘, auch: Lauteinschub, Lauteinschaltung) ist die Ergänzung eines Wortes um einen Sprachlaut zur Erleichterung der Aussprache . Epenthesen finden sich nur in morphologisch komplexen Ausdrücken. In manchen Fällen dienen sie auch der Vermeidung von Hiaten. Neben artikulatorischen und klanglichen Gründen können im Gedicht solche Lauteinfügungen auch aus metrischen Gründen erfolgen. Als wortverändernde rhetorische Figur gehört die Epenthese zur Gruppe der Metaplasmen.
Beispiele
- -t- (Wohlklangs-t, t euphonicum) in meinethalben, deinethalben, eurethalben, dessentwegen, hoffentlich, namentlich, öffentlich, wissentlich
- -s- in Zeitungsjunge (das eingefügte s ist, da es zwischen den zwei Bestandteilen eines Kompositums eingeschoben ist, gleichzeitig ein Fugenelement)
- -n- in afrikanisch dient der Hiatvermeidung
- -t- in Tokioter dient ebenfalls der Hiatvermeidung
Auch in der gesprochenen Sprache kann eine solche Lauteinfügung stattfinden:
- -t- in übrigens. Die nach der geschriebenen Form zu erwartende Aussprache [ˈyːbrigəns] wird oftmals als [ˈyːbrigənts] realisiert.
Anaptyxe
(Anaptyxe, griechisch ἀνάπτυξις anáptyxis „Entfaltung“;
auch sanskr. Svarabhakti, „der Vokal aus der mittleren Reihe“, Der Sprossvokal)
ist eine Unterkategorie der Lauteinschaltung, also ein Vorgang, bei dem durch Änderung der Silbenstruktur die Aussprache erleichtert wird. Dies geschieht in diesem Falle durch silbenbildenden Einschub eines Selbstlautes, besonders vor l, m und r.
Der Sprossvokal ist im Deutschen selten. Allerdings trat das Phänomen vereinzelt vom Übergang des Mittelhochdeutschen zum Frühneuhochdeutschen und Neuhochdeutschen auf
Beispiele:
- im Affekt: [du daʀəfstʰ] für „du darfst“
- Dialekt: rheinisch Dorəf für „Dorf“, berlinisch rauəs für „raus“ oder wienerisch Fəloridsduəf für „Floridsdorf“
- als Lautwandelerscheinung: mittelhochdeutsch viure → neuhochdeutsch Feuer (Apokope von auslautendem e und Diphthongierung von iu [ü:]).
Sprossvokale finden sich vermehrt bei Auszubildenden im DaF-Unterricht (Deutsch als Fremdsprache), deren Muttersprache einen weniger ausgeprägten Konsonantenreichtum aufweist. Typischerweise ist anfangs zu beobachten, dass die Schüler versuchen, durch Einschiebung von Sprossvokalen Konsonantencluster leichter sprechbar zu machen.
Beispiele
In Sprachen, in denen keine Konsonantencluster vorhanden sind
(z.B. ostasiatische Sprachen) ist Anaptyxe bei Lehnwörtern häufig:
Beispiele
- furankufuruto [fɯrankɯfɯrɯto] für „Frankfurt“
- tomu hankusu [tomɯ hankɯsɯ] für „Tom Hanks“
- arubaito [arɯbaito] = Teilzeitarbeit (Lehnwort von „Arbeit“)
[ɯ] = ungerundeter geschlossener Hinterzungenvokal (wie auch bspw. [u])
Hinterzungenvokale | ||||
ungerundet | gerundet | Beispiele | ||
offen | [ɑ] | [ɒ] | frz.: château | eng.: flop |
halb offen | [ʌ] | [ɔ] | engl.: blood | offen |
halb geschl. | [ɤ] | [o] | rum.: bunică | Bote |
fast geschl. | [ʊ] | Butter | ||
geschlossen | [ɯ] | [u] | türk.: kızgın | gut |
Beispiel:
Kuruş (türkische Währungseinheit) aus Groschen
[Quellen]
-
Werner Abraham: Terminologie zur neueren Linguistik. 2., völlig neu bearb. u. erw. Aufl. Band 2, M–Z. Niemeyer, Tübingen 1988, ISBN 3-484-10605-0.
-
Helmut Glück (Hrsg.): Metzler Lexikon Sprache. Metzler, Stuttgart 2000, ISBN 3-476-01519-X.
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